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© Henny Anette Grewe
Der 2010 ins Leben gerufene Wärme-Hotline-Sonnenschirm ist ein kostenloser Hotline-Service, der Bürgerinnen und Bürgern, insbesondere älteren Menschen, Hitzewarnungen und Orientierungshilfen für den Umgang mit städtischen Hitzewellen in der Stadt Kassel bietet. Dieser Präventionsdienst wird von Freiwilligen betrieben und wurde von der Öffentlichkeit gut aufgenommen.
Demografischer Wandel und Klimawandel stellen die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Die Lebenserwartung der Bevölkerung in Deutschland steigt und damit auch der Anteil älterer Menschen. Neben chronischen Patienten und Kindern sind vor allem ältere Menschen von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Gleichzeitig leben immer mehr Menschen in Einpersonenhaushalten (Anstieg von 14,56 Millionen im Jahr 2004 auf 16,83 Millionen im Jahr 2016 in Deutschland), was ihre soziale Isolation beeinflussen kann. Wie können wir diese Menschen erreichen, um negative Auswirkungen während Hitzewellen zu verhindern? Hier kommt der Hitze-Hotline-Sonnenschirm aus der Stadt Kassel (ca. 200.000 Einwohner) in Deutschland ins Spiel. Der Hitze-Hotline-Sonnenschirm ist eine kostenlose Hotline, die registrierte Bürger anruft und Informationen über Hitzewarnungen des Deutschen Wetterdienstes bereitstellt und Maßnahmen vorschlägt, wie man am besten mit höheren Temperaturen und Hitze umgehen und sich darauf einstellen kann. Mit dieser Hotline erhalten Bürgerinnen und Bürger, insbesondere ältere Menschen und ihre Familien, besondere Unterstützung beim Umgang mit Wärme im Stadtgebiet der Stadt Kassel. Das Seniorenkomitee der Stadt Kassel und das Gesundheitsamt der Region Kassel kooperieren im Wärme-Hotline-Sonnenschirm.
Beschreibung der Fallstudie
Herausforderungen
Hitzewellen werden durch anhaltende Tages- und Nachttemperaturen definiert, die bestimmte Grenzen überschreiten und sich negativ auf die Gesundheit von Einzelpersonen und Risikogruppen auswirken. Hitzewellen treten in Deutschland in wiederkehrenden Intervallen auf; Aufgrund des Klimawandels sind im Land längere und häufigere Hitzewellen zu erwarten. Bei einem Szenario mit hohen Emissionen wird projiziert, dass die Anzahl der warmen Tage (Wärmewellen) von etwa 10 Tagen im Jahr 1990 auf durchschnittlich etwa 135 Tage im Jahr 2100 ansteigen wird (WHO,2015).
In Bezug auf Hitzestress sind Säuglinge, Kleinkinder, ältere und kranke Menschen besonders betroffen. Längere und intensivere Hitzeperioden z.B. belasten das Herz-Kreislauf-System stark. Aufgrund der zunehmenden Anzahl heißer Tage sind zusätzliche Todesfälle zu erwarten, insbesondere in städtischen Gebieten. Im Zuge von Hitzewellen könnten erhöhte Anforderungen an die Gesundheitsinfrastruktur gestellt werden.
Politischer Kontext der Anpassungsmaßnahme
Case developed and implemented as a climate change adaptation measure.
Ziele der Anpassungsmaßnahme
Basierend auf den Erfahrungen des heißen Sommers und der Hitzewellen im Jahr 2003 entwickelte der Deutsche Wetterdienst ein Hitzewarnsystem für das Land Hessen, in dem Kassel liegt. Ziel war es, Bürger und relevante Organisationen in frühen Phasen vor einem Hitzewelleneinschlag zu warnen und auch besser auf die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Hitzestress und Hitzewellen in der Zukunft aufgrund des Klimawandels vorbereitet zu sein. Der Wärme-Hotline-Sonnenschirm unterstützt diese Bemühungen, indem er Bürger der Stadt Kassel über Hitzewarnungen und Empfehlungen für Maßnahmen zum Umgang mit erhöhter Hitzebelastung informiert.
In diesem Fall implementierte Anpassungsoptionen
Lösungen
Der Hitze-Hotline-Sonnenschirm hat eine einfache und effektive Lösung gefunden, um Informationen über Hitzewarnungen bereitzustellen: Telefonisch informieren Diakonie (Mitglieder der protestantischen Schwesternschaft) und Mitglieder des älteren Komitees über Hitzegefahr und mögliche Maßnahmen zur Verringerung des Risikos. Im Rahmen des KLIMZUG-Nordhessen (Klimaanpassungsnetzwerk für die Region Nordhessen, Teil des Hessischen Landes) starteten das Gesundheitsamt der Region Kassel und das Mutterhaus des Diakonats 2010 als Pilotaktivität den Wärmehotline-Sonnenschirm.
Nach der Pilotphase hat es sich seit Sommer 2011 zu einem Basisangebot entwickelt. In der Zeit vom 15. Juni bis 31. August informieren Mitglieder des Altenausschusses kostenlos über Hitzewarnungen (ab Warnstufe 2) des Deutschen Wetterdienstes für die Stadt und die Region Kassel. Der schriftliche Antrag der Bürgerinnen und Bürger an den Dienst wird vom Gesundheitsamt der Region Kassel entgegengenommen. Während eines ersten Telefongesprächs bieten die Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums jedem Benutzer eine individuelle Risikobewertung an. Stellt sich heraus, dass ein erhöhtes wärmebedingtes Risiko gegeben ist, wird eine breite Palette weiterer Unterstützungsaktivitäten angeboten. Dazu gehören eine individuelle Gesundheitsberatung per Telefon oder im eigenen Haushalt sowie eine detaillierte individuelle Risikomanagementberatung im Rahmen eines präventiven Hausbesuchs.
Grundlage für den Wärme-Hotline-Sonnenschirm ist die Hitzewarnung des Deutschen Wetterdienstes für die Stadt Kassel und ihre Region. Als Reaktion auf den heißen Sommer 2003 entwickelte das Hessische Sozialministerium in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst ein Hitzewarnsystem für das Land Hessen (Erlass vom 22. Juni 2004, geändert am 22. April 2008). Hauptmerkmale des hessischen Wärmewarnsystems sind:
- Es basiert auf dem biometeorologischen Konzept der "wahrgenommenen Temperatur". Neben den Lufttemperaturparametern wie Windgeschwindigkeit werden Sonneneinstrahlung und Luftfeuchtigkeit - da der Wärmeaustausch zwischen Mensch und Atmosphäre maßgeblich durch deren Wechselwirkungen beeinflusst wird - in die Berechnung der erfassten Temperatur einbezogen.
- Hitzewarnungen sind in zwei Alarmstufen unterteilt: (i) hohe thermische Belastung (oder hohe Wärmebelastung), die 48 Stunden im Voraus bei einer gefühlten Temperatur über 32 °C veröffentlicht wird; (ii) extreme thermische Belastung (oder extreme Hitzebelastung), die 24 Stunden im Voraus bei einer wahrgenommenen Temperatur von mehr als 38 °C auftritt. Darüber hinaus gilt die zweite Warnstufe automatisch ab dem vierten aufeinanderfolgenden Tag der Hitzewarnungen.
- Die Maßnahmen unter starker Hitzebelastung (hohe thermische Belastung) richten sich vor allem an Menschen, die in Pflegeheimen leben. Im Falle einer Hitzewarnung werden alle Pflegeheime, die im Zuständigkeitsbereich der hessischen Hausaufsicht tätig sind, vom Deutschen Wetterdienst per E-Mail informiert. Im Falle einer Hitzewarnung sind die Pflegeheime verpflichtet, alle notwendigen individualisierten, präventiven Notfallmaßnahmen einzuleiten und zu dokumentieren. Die hessische Heimüberwachung überprüft die Qualität der durchgeführten Pflegeinterventionen stichprobenartig.
- Bei extremer Hitzebelastung müssen die Pflegeheime eine verbesserte medizinische Versorgung ihrer Bewohner sicherstellen, erforderlichenfalls durch Einbeziehung der behandelnden Ärzte. Darüber hinaus sind die Pflegeheime, die von gesundheitlichen Problemen und Anomalien bedroht sind, die mit der extremen Hitzebelastung verbunden sein können, verpflichtet, die zuständige Gesundheitsbehörde zu informieren.
Der Hitze-Hotline-Sonnenschirm informiert über diese Warnungen als nächsten Schritt in der Informationskette.
Zusätzliche Details
Beteiligung der Stakeholder
In einem ersten Schritt war es wichtig herauszufinden, in welchen stark von der Hitze betroffenen Gebieten viele ältere Menschen leben. Vor allem dort sind vorbeugende Maßnahmen erforderlich. In Kooperation mit KLIMZUG-Nordhessen wurden kleinräumige Klima- und demografische Daten mit dem baulichen Gefüge der Wohngebiete verglichen. Das Ergebnis war die Identifizierung von Risikogebieten der Stadt Kassel. In diesen Bereichen wurden Beispiele für Maßnahmen zur Anpassung an Hitzeextreme entwickelt und erprobt. Dazu wurde auf kommunaler Ebene das Netzwerk für Wärmevermeidung gegründet, in dem ausgewählte Akteure interdisziplinär und branchenübergreifend zusammenarbeiteten.
Im Jahr 2010 führten Partner dieses Netzwerks eine Bezirkskonferenz durch. Ziel war es, den Klimawandel in Nordhessen und seine gesundheitlichen Auswirkungen auf die ältere Bevölkerung zu diskutieren und Strategien für die Vorsorge zu entwickeln. Rund 40 Personen aus den Bereichen Gesundheitswesen, kommunale Altenpflege, Wohnungsbau, öffentliche Verwaltung, Kirchen und Handel nahmen an der Konferenz teil. Das Mutterhaus der Diakonie, vertreten durch ihren Vorgesetzten, brachte die Idee einer Wärmehotline vor. Gleichzeitig signalisierte sie die Bereitschaft, sich an der Projektplanung und -umsetzung zu beteiligen. Andere Teilnehmer der Konferenz – Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten, Arztpraxen und Apotheken – waren ebenfalls interessiert. Die Idee des Wärme-Hotline-Sonnenschirms war geboren.
Schließlich wurde eine Projektgruppe, bestehend aus Vertretern von KLIMZUG-Nordhessen und den beteiligten Organisationen, mit dem Projekt beauftragt. Ihr übergeordnetes Ziel war die Entwicklung eines transparenten, einheitlichen und verbindlichen Ansatzes für alle Beteiligten. Die Arbeitsgruppe entwickelte Workflows, Arbeitshilfen (Dokumentationsblätter, etc.), ein Schulungskonzept für die freiwilligen Anrufer sowie die dazugehörigen Schulungsunterlagen.
Erfolgsfaktoren und limitierende Faktoren
Die Hitze-Hotline startete erstmals im Sommer 2010 als Pilotaktivität. In der Testphase wurde die Wärmehotline nur einem Kasseler Stadtteil mit besonders hohen wärmebedingten Risiken angeboten. Aufgrund der positiven Erfahrungen und der großen öffentlichen Resonanz wurde die Wärmehotline im Sommer 2011 erstmals allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Kassel angeboten.
Ältere Menschen sind in hohem Maße von Hitze betroffen, sind aber in der Regel vorsichtig bei Präventionsangeboten. Oft unterschätzt diese Gruppe die eigene Verwundbarkeit gegenüber hitzebedingten Gesundheitsrisiken. Dies könnte einen einschränkenden Faktor bei der tatsächlichen Umsetzung des Wärmehotline-Sonnenschirmdienstes darstellen.
Kosten und Nutzen
Die erste Phase basierte auf einem Forschungsprojekt aus dem Jahr 2010. Der Service selbst ist kostenlos und wird von Freiwilligen des Seniorenausschusses betrieben und vom Gesundheitsamt der Region Kassel koordiniert. Es ist schwierig, die Arbeitszeit des Personals an der Hotline in Bezug auf die Kosten und Ressourcen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Hotline abzuschätzen.
Rechtliche Aspekte
Der Wärme-Hotline-Sonnenschirm ist eine ehrenamtliche Tätigkeit und eine gemeinsame Zusammenarbeit zwischen dem Seniorenausschuss und dem Gesundheitsamt der Region Kassel.
Implementierungszeit
Der Wärme-Hotline-Sonnenschirm wurde 2010 entwickelt und 2011 in einigen Kasseler Stadtteilen umgesetzt. Seit 2013 ist es ein Service des Gesundheitsamtes der Region Kassel; Der Service ist jeden Sommer kostenlos für die Stadt und die Region Kassel verfügbar.
Lebensdauer
Der Wärme-Hotline-Sonnenschirm soll sich langfristig fortsetzen und startete in diesem Jahr in seine 6.Saison.
Referenzinformationen
Kontakt
Markus Heckenhahn
Health Department of Kassel region
E-mail: markus.heckenhahn@stadt-kassel.de
Websites
Referenzen
Veröffentlicht in Climate-ADAPT: Nov 22, 2022
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Fallstudiendokumente (1)
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